Kaum ist ein Rechtsradikaler zum Landrat gewählt (am 25.6.23 im thüringischen Sonneberg), überschlagen sich Vermutungen, warum das nur passieren konnte. Und wieder kann man beobachten, wie gerne „Erklärungen“ gebastelt werden, um die Menschen (hier: die Wähler) nicht ernst nehmen zu müssen.
Selbstverständlich ist nicht zu leugnen, dass etwa die Medien einen gewissen Einfluss auf das Wahlverhalten haben; nicht zuletzt haben die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten alles getan, um die AfD salonfähig zu machen – etwa durch penetrante Einladungen zu Talkshows, während explizite Antifaschisten dort nirgends auftauchten. Und natürlich haben insbesondere die sog. konservativen Parteien immer mehr rechtsradikale Inhalte einerseits mit dem „Besorgte Bürger“-Nonsens verharmlost und andererseits selbst übernommen, so dass eine schleichende Normalisierung solcher Positionen erfolgte. Und man könnte auch die durch Abwanderung erzeugte demographisch-kulturelle Degeneration vor allem des ländlichen Raums anführen usw. usf. All das und viel mehr wird in der publizistischen Aufarbeitung des Wahlergebenisses in extenso angeführt.
Doch nirgendwo findet sich ein Hinweis darauf, dass man die regionale Bevölkerung auch ernst nehmen möchte. Denn dann könnte man zu einem eindeutigen Resultat kommen: Die Menschen im Landkreis Sonneberg befürworten und unterstützen mehrheitlich ein rechtsradikales Politikmodell. Statt zu versuchen, dies wegzuerklären, sollte gefragt werden, warum eine solche herzergreifende Naivität beim Blick auf spezielle regionale Lebens- und Gedankenwelten offensichtlich einfach nicht vermieden werden will.
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