Vor kurzem ging durch die Presse, dass an einer Schule den Mädchen das Tragen von Hotpants verboten wurde. Das würde den Unterricht stören. Leider wurde nicht bekannt, was das genaue Problem war; man kann aber davon ausgehen, dass manche pubertierenden Jungs nicht davon ablassen konnten, anzügliche Bemerkungen zu machen, was letztlich wohl sogar den ordnungsgemäßen Ablauf des Religionsunterrichts gefährdet hat. Aber – so muss man fragen – gibt es nicht auch andere Äußerlichkeiten, die aus ästhetischen und sonstigen Gründen derart anstößig sind, dass davon ebenfalls die Unterrichtsdurchführung beeinträchtigt werden könnte?
Da wären etwa die leibhaftigen Wurstpellen, in denen entsprechende XXL-Körper stecken, die zu spitzen Bemerkungen in ihrer Klasse Anlass geben könnten. Da sind die männlichen Freunde der halb heruntergelassenen Jeans, die unschuldige Beobachter mit den Karos ihrer Boxer-Shorts oder – noch schöner – dem bleich hervorquellenden Hinterteil erfreuen. Da haben wir die Kopftuchmädchen, bei denen man nicht weiß, ob man sie mehr bemitleiden muss, weil sie von ihren Eltern zur Verkleidung als politisch-religiöses Statement genötigt werden, oder weil sie so beschränkt sind zu glauben, dass Gott nicht ins Herz schaut, sondern auf die Frisur. Da sind auch die Schüler aus besserem Hause, die mit ihren Edelklamotten allen anderen zeigen, für wie minderwertig sie sie halten. Und dann gibt es noch viele andere, deren Äußeres ebenfalls als überkandidelt, aufreizend, hässlich oder einfach nur nervig bezeichnet werden kann.
Und dennoch wird man in einer normalen Großstadt all diese Menschen – nicht nur Schüler – finden, ohne dass irgendjemand auch nur einen Seitenblick auf sie wirft, geschweige denn das öffentliche Leben durch sie in Aufruhr gerät. Ja, es soll sogar Stadtteile geben, in denen Menschen nackt herumlaufen, ohne dass einer Dorfschullehrerin ganz anders wird.
Daraus ergeben sich für die Schule zwei Lösungen: Entweder tragen alle Schuluniform, oder das Lehrpersonal nimmt seine Aufgaben ernst und versucht, die verklemmten Kleinstadtgeschmäcker in Großstadtzivilisation zu überführen. Leider schafft man es damit nicht in die Zeitungen, aber das sollte auch nicht die vornehmste Aufgabe von Lehrern sein.
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